Die Investitionen von Medienhäusern in die Umsetzung von Bezahlt-Schranken und Subskriptions-Modellen stieg in den letzten Jahren deutlich an. Für die meisten Verlage war dies jedoch leider keine proaktive Entscheidung, sondern die Reaktion auf rückläufige Werbeeinnahmen und Abonnentenzahlen. Welche Trends zeigen sich erfolgversprechend? Und wie weich muss die Mauer sein, um den User nicht vor den Kopf zu stoßen?

Vor dem Content kommt der Login. Fertig! Dieser Ansatz einer harten Paywall wird aus gutem Grund kaum mehr verfolgt. Der Leser bleibt einfach weg, die erhoffte Kundenbindung findet nicht statt. Man muss schon eine sehr starke Identität und Medienmarke sein eigen nennen, um die harte Paywall durchzusetzen. Und nicht jeder ist die New York Times oder das Wall Street Journal.

Welche Paywall-Formen sind entstanden?

In Deutschland versucht die Mehrzahl der Publisher „weiche“ Formen der Paywall einzuführen. Das häufigste Modell ist Freemium, eine Mischung aus Free- und Premium-Content, bei dem die Premiumbeiträge erst nach Erwerb eines Abos zugänglich werden.

Nicht ganz so oft setzen Verlage das sogenannte „Metered Model“ ein, das es dem Leser ermöglicht, eine bestimmte Anzahl von Beiträgen zu lesen, bevor die „Zahlmauer“ erscheint. Wie viele Artikel das sein sollten und wie transparent und wie rechtzeitig die Kunden über das Ende des freien Zugangs informiert werden, ist derzeit Gegenstand intensiver Recherche in vielen Verlagshäusern.

Bleibt zuletzt eine kleine Gruppe von Medienhäusern, die eine harte Paywall eingeführt haben und eine noch kleinere Gruppe, die auf freiwillige Bezahlung setzt (Quelle: BDZV).

Das Geschäftsmodell verändert sich

Die Einführung von Bezahl-Inhalten verändert das Geschäftsmodell eines Verlags grundlegend und hat damit Auswirkungen auf sämtliche Bereiche des Unternehmens. Die Bereitschaft langfristig zu denken und zu investieren und gleichzeitig durch Versuch und Irrtum sein Geschäftsmodell zu verfeinern, braucht Mut zur Führung, eine klare Strategie und intensive Kommunikation in allen Abteilungen. Auch eine gründliche Analyse der eigenen Identität und Marke sind vor einer Entscheidung für ein Bezahlt-Modell ein Schlüssel für die erfolgreiche Veränderung des Geschäftsmodells.

Das Portfolio verändert sich mit

Das Wissen über den User erhöht sich mit Einführung einer Paywall erheblich. Dieses Wissen ist für den Verlag von großem Wert, kann er doch damit gezielt sein Produktportfolio verbreitern und den Benutzern individuelle Angebote zu Events, Promotions oder anderen Titeln im gleichen Haus machen. Seine Zielgruppe genau zu kennen und das Produktportfolio auf die individuellen Bedürfnisse der Leser auszurichten, begründet enormes Potenzial einer wohl überlegten Paywall-Strategie. Das Publikum wird kleiner, die Angebote müssen umso zielgerichteter sein.

Es gibt kein Copy und Paste

Was für eine Zielgruppe, für ein Produkt bestens funktioniert hat, kann beim Versuch dies 1:1 zu übernehmen krachend scheitern. Auch wenn sich bestimmte Modelle der Paywall als dauerhaft erfolgversprechend abzuzeichnen beginnen, entscheidet doch die individuelle Bindung zu seinem Publikum und die fortlaufende Feinjustierung des Geschäftsmodells über den tatsächlichen Erfolg. Auch die bereits erwähnte New York Times bietet immer wieder Promotions mit freiem Content für zehn Wochen um zu überprüfen, ob Kundenbindung und Markenidentität noch stimmig sind.

 

Kein Copy und Paste also, sondern Strategie, Wahrnehmung und Stärkung der eigenen Marke. Dann wird niemand vor den Kopf gestoßen!

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