Megatrends, also Veränderungen unseres privaten und geschäftlichen Umfelds, die uns alle über einen längeren Zeitraum prägen und prägen werden, sind auch die „Wegweiser“, nach denen Unternehmen ihre langfristigen Strategien ausrichten und ihre Geschäftsmodelle anpassen. Je nach Branche und Perspektive kann die Gewichtung oder Priorisierung dieser Megatrends höchst unterschiedlich ausfallen, auch die Notwendigkeit zu reagieren ist je nach Wirtschaftszweig verschieden. Der demografische Wandel ist jedoch ein Megatrend, der alle Bereiche der Wirtschaft betrifft und auch Verlage zum Handeln auffordert. Mit welchen Strategien und Geschäftsmodellen können Medienhäuser bereits heute der demografischen Entwicklung entsprechen?

Globalisierung, Klimawandel, Urbanisierung. Digitalisierung, New Work und eben demografischer Wandel. Nach zwei Jahren der Pandemie, deren Folgen Verlage nicht nur abfedern, sondern durchaus auch positiv gestalten konnten, rücken nun die gerade genannten Megatrends zunehmend wieder in den Blickpunkt, es erfolgt eine Art Rückkehr zur „Normalität“. Und diese bedeutet – gerade im Medienbereich: Es bleibt alles anders!

Positiv dabei ist, dass die Pandemie in den vergangenen zwei Jahren nicht alles andere überdeckt hat, Trends und Entwicklungen wurden durchaus frühzeitig erkannt und benannt. Verlagen gelang und gelingt es, mehrgleisig zu agieren und somit auch die Interaktivität der einzelnen Entwicklungen zu berücksichtigen.

Der demografische Wandel beeinflusst alle Bereiche eines Medienunternehmens

Vorweg: Die globale Bevölkerungsentwicklung verläuft nicht einheitlich, die Zahlen unterscheiden sich je nach Land/Kontinent erheblich und es würde den Rahmen dieses Beitrags übersteigen, darauf näher einzugehen. Wenn hier also demografischer Wandel angesprochen wird, dann ist damit die Veränderung der Bevölkerungsstruktur in westlichen Industrieländern, in unserem Fall Deutschland, gemeint. Und diese Veränderung lässt sich mit drei Worten zusammenfassen: Die Gesellschaft altert!

Je nachdem welche Altersgruppen betrachtet oder zusammengefasst werden, lassen sich verschiedene Aussagen treffen. Fakt ist: Ein zunehmend großer Anteil der Bevölkerung ist bereits heute älter als 50 (etwa 50%), die Tendenz ist steigend und der Anteil verglichen mit dem EU-Durchschnitt höher.

Diese Entwicklung beeinflusst Entscheidungen in nahezu allen Bereichen eines Verlags: Digitalisierung, New Work, Personalmanagement, Geschäftsmodelle/Produktportfolio, also Bereiche, die entweder selbst als Megatrends identifiziert oder als prioritäre Vorhaben benannt wurden.

Wer im Unternehmen treibt die Digitalisierung voran, wie können in einem umkämpften Arbeitsmarkt Talente gefördert und High Potentials gewonnen werden, wie lässt sich New Work mit der Altersstruktur im Unternehmen vereinbaren und schließlich: Wie sollen Geschäftsbereiche und Produkte gemäß des demografischen Wandels (also für eine eigentlich immer älter werdende Zielgruppe) gestaltet werden ohne gleichzeitig an Innovations- und Zukunftsfähigkeit einzubüßen?

Wenn Zielgruppen verschwinden und Inhalte fließen

Junge User gewinnen, zunehmend ältere Leser:innen als Kund:innen erhalten, Innovationen fördern, Altbewährtes festigen: Was zugegeben ein wenig nach der „Quadratur des Kreises“ klingt, lässt sich gestalten, wenn nicht in Gegensätzen gedacht wird, sondern Gemeinsamkeiten im Userverhalten und im Bedarf verschiedener Altersgruppen herausgearbeitet werden.

„Guter Content“ wird immer und in allen Altersgruppen nachgefragt bleiben. Entscheidend für den oder die Anbieter:in wird sein, wie die individuelle Nutzungssituation antizipiert und somit für den User gestalten werden kann. Soll zu einem Thema weitergehend recherchiert werden oder wollen die Nutzer:innen einen breiter gefächerten Themenüberblick verschaffen? Ist eher Zerstreuung oder Fokussierung gefragt? Ist die Ausspielung von Werbung gerade eher störend oder willkommen?

Erfolgreiche Geschäftsmodelle, die den demografischen Wandel adressieren, vollziehen eine klare Trennung zwischen Content und Ausgabeformat und werten umfänglich Nutzungsdaten aus, um die User Experience fortlaufend zu optimieren. Ob Videoschnipsel, Podcast oder Print: Der primäre Rohstoff ist und bleibt die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen.

Gleichzeitig beginnt auch der Begriff der „Zielgruppe“ zu changieren. Es kann sein, dass in jüngeren Altersgruppen der Medienkonsum schneller und sprunghafter erfolgt, während Nutzer:innen fortgeschrittenen Alters vielleicht mehr Wert auf klar geführten und barrierefreien Content legen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich ältere Menschen nie Videoclips ansehen und Jüngere nie ein Thema in der Tiefe recherchieren. Wenn überhaupt, lassen sich Zielgruppen heute nur noch temporär bilden und sind immer von der jeweiligen Nutzungssituation abhängig.

In Studien benennen Verlage seit einigen Jahren Prozessoptimierung und schnelle Innovationsfähigkeit als strategische Prioritäten. Bei der Modellierung neuer Geschäftsabläufe und der Entwicklung neuer Produktformate nehmen beide Aspekte eine wichtige Rolle ein.

Die Herausforderung des demografischen Wandels wird eben auch wesentlich mittels Optimierung und Innovation gemeistert. Und das ist durchaus kein Widerspruch!

(Photo by Markus Winkler on Unsplash)