Auch wenn wir als Softwarehaus eine hohe Affinität zu technologischen Neuerungen haben und vieles gern selbst ausprobieren (z.B. unseren „Messe-Roboter“), war für uns der Wechsel von Vor-Ort-Events zu virtuellen Veranstaltungen eine tiefgreifende Veränderung. Ein bisschen Know-how, wie man virtuelle Meetings macht oder auch firmeninterne Veranstaltungen hybrid abwickelt, war gegeben. Aber mit dem Wissen längere Workshops oder gar größere Kunden-Events ausschließlich virtuell durchführen? Das war auch für uns neu. Ein Erfahrungsbericht über gelungene und misslungene Experimente bis zu unserem Fazit: Virtuelle Veranstaltungen sind cool, können aber den persönlichen Austausch vor Ort nicht ersetzen.

Die Qual der Wahl: Die Tools

Es gibt verschiedene Event-Formate, die unterschiedliche Anforderungen an Tools und Technik stellen. Bei einer Schulung reicht es vielleicht, nur eine Präsentation über den Bildschirm zu teilen. Eine Konferenz benötigt dagegen schon etwas mehr Vorplanung. Stellen Sie sich zu Beginn der Organisation Ihres virtuellen Events also mindestens folgende Fragen:

  • Was für eine Veranstaltung soll es sein (Schulungen/Webinare, Workshops, Konferenzen)?
  • Mit wie vielen Teilnehmenden rechnen Sie?
  • Wie stark soll die Interaktion zwischen Präsentatoren/Moderatoren und Teilnehmenden sowie Teilnehmenden untereinander sein?
  • Wie viel Anleitung und „roten Faden“ brauchen die Teilnehmenden?
  • Benötigen Sie über das Konferenztool hinaus noch andere, zusätzliche Software, mit der Sie Ihr Event aufpeppen wollen?

Das Haupttool (also die Software, mit der Sie Ihre Ton- und Video-Übertragung umsetzen) sollte den Teilnehmenden einen unkomplizierten und einfachen Zutritt zum Event ermöglichen, z.B. über den Klick auf einen Zugangslink. Stellen Sie eine kurze Anleitung zusammen, wie man teilnehmen kann, und testen Sie die Zugangsmöglichkeiten mit verschiedenen Endgeräten und Browsern unbedingt selbst. Einfache Interaktionen über eine Nachrichtenfunktion (zum Fragenstellen o.ä.) sind mittlerweile in fast jedem Event-Format üblich. Natürlich muss auch der Datenschutz sichergestellt sein (anonyme Teilnahme, Verpixeln des Hintergrunds, Datenverarbeitung usw.). Wir (als Microsoft Partner) haben uns letztendlich für Microsoft Teams als Basis-Tool entschieden, auch wenn wir zugegebenermaßen den Funktionsumfang und die Nutzerfreundlichkeit anderer Tools ausprobiert haben. Microsoft Teams ist für unsere Ansprüche jedoch voll ausreichend und wir können unsere verschiedenen Event-Formate damit umsetzen (z.B. Live-Ereignisse oder Webinare).

Egal, was Sie letztendlich planen: Sehr viel ist technisch möglich, aber nicht alles ist sinnvoll. Überlegen Sie, mit welchen Tools Sie das Event effektiv umsetzen können, damit die Teilnehmenden einen Mehrwert aus der Veranstaltung ziehen. Das kann am Beispiel eines Workshops so aussehen, dass Sie ein Konferenztool für die Video- und Ton-Übertragung nutzen und dazu ein digitales Whiteboard verwenden, an dem Sie mit Ihren Teilnehmenden gemeinsam arbeiten. Denken Sie ganzheitlich digital! Es ist nicht nur damit getan, die richtigen Tools zu verwenden. Man muss die bisherigen Vor-Ort-Inhalte auch in den virtuellen Raum transportieren und transformieren. Das war mitunter eine der schwierigsten Aufgaben. Einer unserer ersten virtuellen Kunden-Workshops (übrigens schon vor der Corona-Zäsur) war noch so gestaltet, dass wir eine (physisch vorhandene) Metaplanwand mit besonders groß beschriebenen Kärtchen mit einer Webcam abgefilmt haben. Damals wussten wir uns nicht anders zu helfen, heute schmunzeln wir selbst darüber.

Wie erstellt man eine Agenda für ein virtuelles Event?

Unsere ersten Versuche für eine Agenda einer virtuellen Veranstaltung sahen so aus: Die Agenda der Vor-Ort-Veranstaltung nicht ausdrucken, sondern digital als Datei zur Verfügung stellen oder auf einem Whiteboard abbilden. Voila, fertig! Schnell merkten wir, dass wir mit dieser Vorgehensweise nicht weit kommen werden. Denn die Inhalte waren darauf ausgelegt, dass Teilnehmende uns von Angesicht zu Angesicht ein nonverbales Feedback zukommen lassen oder Fragen stellen. Bei längeren Monologen oder Erklärungen stellte sich uns nun aber die Frage, ob da überhaupt noch jemand vor dem Monitor sitzt und zuhört. Also mussten wir uns genau überlegen, in welchem Event-Format wir welche Inhalte in welchem Zeitrahmen vermitteln wollen. Außerdem musste der „rote Faden“ besonders deutlich hervorgehoben werden, sowohl mündlich als auch visuell (z.B. in der Präsentation die Themengebiete farblich markieren). Das heißt, wir haben zuerst die Agenda besser aufgeteilt und die Redezeiten tauglich für den virtuellen Raum gemacht (generell gekürzt und mehr Pausen eingebaut).

Für Workshops und Konferenzen sind wir außerdem dazu übergegangen, auf einem digitalen Whiteboard den „Laufweg“ der Veranstaltung zu skizzieren. Hier kann man visuell gut darstellen, wie das Event in der Übersicht ausschaut und dann über Sprungmarken die Teilnehmenden zum jeweils aktuellen Slot leiten. Nicht ganz so schön ist der zwangsläufige Wechsel zwischen den verschiedenen Tools, wenn die Teilnehmenden mitarbeiten sollen (z.B. Stillarbeit auf dem Whiteboard, dann Diskussion im Konferenztool). Aus unserer Sicht macht es durchaus Sinn, im Vorfeld des Events zu überlegen, welche Zielgruppe angesprochen wird und wie möglicherweise das Technikverständnis der Teilnehmenden sein wird. Es lohnt sich, zum Beispiel bei wichtigen Kunden-Workshops im Vorfeld zu klären, wie versiert die Teilnehmenden sind und ob eine ausführliche Erklärung über Funktionen der Tools zu Beginn des Workshops notwendig ist. Außerdem sollten Sie unbedingt auf das Thema „Mikrofon“ zu sprechen kommen. Vergewissern Sie sich, dass entweder Sie die Kontrolle über die Stummschaltung haben. Oder sorgen Sie zu Beginn eines Events dafür, wann gesprochen werden darf und wann nicht und wie sich die Teilnehmenden muten – nichts ist unangenehmer, als die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden an ein heiteres Erraten von Geräuschen zu verlieren, die im Hintergrund zu hören sind.

Hand aufs Herz: Aufmerksamkeitsspannen und Aktivierung von Teilnehmenden

Wie oft haben Sie schon in einer Veranstaltung gesessen und sich kurz mit Smartphone oder Blick aus dem Fenster abgelenkt? Und wie oft haben Sie bereits an einem virtuellen Event teilgenommen, die Kamera ausgeschaltet und eigentlich etwas ganz anderes nebenbei gemacht? Jeder hat nur eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne, die schon bei einer Vor-Ort-Veranstaltung manches Mal arg strapaziert wird. Leider weisen virtuelle Events oft eine größere Anzahl an Ablenkungsmöglichkeiten durch PC, Laptop oder Tablet auf. Je besser Sie das Event im Vorfeld definieren, desto mehr Teilnehmende werden aufmerksam Ihren Ausführungen folgen. Teilen Sie den zu vermittelnden Stoff in kleinere Häppchen, als Sie es bei einer Vor-Ort-Veranstaltung machen würden. Reduzieren Sie außerdem den Gesamt-Umfang der Veranstaltung zusätzlich auf etwa die Hälfte der Zeit. Denn das bloße Zuhören und der Blick auf den Monitor lassen jeden Teilnehmenden früher oder später ermüden. Planen Sie auch mehr Pausen ein, die nicht zwingend sehr lang sein müssen. 5 bis 10 Minuten nach etwa 60 Minuten Rede- und Diskussionszeit reichen aus. Sie können die Pausen auch interaktiv gestalten, in dem Sie zum Beispiel eine Anleitung kurzer Sitzübungen zeigen oder die Teilnehmenden auffordern, ans Fenster zu treten und „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ mit einem vorgegebenen Gegenstand zu spielen.

Apropos Interaktion: Da wir für das gemeinsame Arbeiten v.a. in Seminaren oder Workshops ein digitales Whiteboard verwenden, bietet es sich an, am Beginn zur Auflockerung eine Übung einfließen zu lassen. Das baut eventuelle Hemmungen gegenüber dem Tool ab und lässt das Event persönlicher werden. Bei uns hat sich zum Beispiel die Weltkarte bewährt, auf der die Teilnehmenden ihren Standort und Namen virtuell anpinnen. Innerhalb von Events lassen sich auch wunderbar Umfragen oder Live-Abstimmungen einbauen, die einfach über einen QR-Code aufgerufen werden können. Für die eigenständigen Arbeiten in Workshops macht es außerdem Sinn, einen Timer visuell einzublenden und auch akustisch auszugeben. So wissen die Teilnehmenden, wann es Zeit ist, sich wieder auf den Präsentator zu konzentrieren. Um die – trotz Videofunktion – vorhandene Anonymität in größeren Events zu durchbrechen, lohnt es bei kleineren Events auch, Teilnehmende direkt für Rückmeldungen anzusprechen. Das mag zwar den Eindruck vermitteln, dass man wie in der Schule diejenigen aufruft, die sich nicht gemeldet haben. Es kann aber auch helfen, die Schwelle des Schweigens zu überwinden. Hier ist Fingerspitzengefühl des Präsentators oder Moderators gefragt. Eine typische Erkenntnis aus den letzten Monaten ist für uns übrigens auch, dass Coffee-Table-Gespräche oder das Kennenlernen von Teilnehmenden nur schwer möglich sind. Das wird wahrscheinlich so lange eine Herausforderung bleiben, bis wir uns als Avatare in einer virtuellen Realität wiederfinden.

Zu guter Letzt: Feedback

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Feedback und Rückmeldungen NACH dem Event kaum abrufbar sind. Auch wenn es tolle Möglichkeiten gibt, digitale Formulare zu gestalten, ist der Bruch im Prozess für die meisten zu groß, in einer E-Mail auf einen Link zu klicken und ein Feedback abzugeben. Aber Feedback ist wichtig! Das heißt, wir sind dazu übergegangen, bereits in der Veranstaltung ein Feedback einzuholen. Bei kleineren Events wie Schulungen oder Seminaren bitten wir die Teilnehmenden aktiv um eine mündliche Rückmeldung. Das erfordert dann auf unserer Seite jemanden, der dieses Feedback protokolliert. Bei größeren Events erstellen wir meistens eine anonyme Live-Umfrage mit ein bis zwei Fragen, die uns besonders am Herzen liegen. Die Ergebnisse der Umfrage blenden wir sofort ein. Möglicherweise ergeben sich Nachfragen oder andere Teilnehmende werden animiert, sich doch noch zu beteiligen. Alles in allem vermissen wir hier ein bisschen die zahlreichen Feedbacks, die wir in schriftlicher Form nach Vor-Ort-Veranstaltungen einsammeln durften. Wir werden zukünftig noch etwas experimentieren, vielleicht mit einer Feedback-App für das Smartphone. Auch wenn Sie keine zahlreichen Rückmeldungen zu erwarten haben: Aus Höflichkeit sollten Sie dennoch immer ein Feedback-Formular parat halten und sowohl eine Telefonnummer als auch eine E-Mail-Adresse einblenden, an die sich Teilnehmende im Nachgang wenden können.

Fazit

Virtuelle Events bieten zwar nicht nur Vorteile, aber für unser Verständnis überwiegen die positiven Seiten solcher Veranstaltungen. Ganz klar ist hervorzuheben, dass virtuelle Events mit weniger Budget organisiert werden können, sowohl bei Veranstaltern als auch Teilnehmenden (z.B. keine Reisekosten). Dennoch darf die technische und organisatorische Raffinesse virtueller Events nicht außer Acht gelassen werden. Wenn Sie neu in dem Geschäft sind, planen Sie genauso viel Zeit ein wie für Vor-Ort-Veranstaltungen. Mit zunehmender Erfahrung wissen Sie dann, wo Sie Zeit einsparen können. Gerade bei Events für große Zielgruppen ist die Zugänglichkeit via Webbrowser unschlagbar. Hier könnten lediglich die verschiedenen Zeitzonen einen limitierenden Faktor darstellen. Bei der Interaktion, vor allem dem Austausch der Teilnehmenden untereinander, sind neue Ansätze erforderlich, um ähnlich gute Ergebnisse wie bei Vor-Ort-Events zu erreichen. Die etwas höhere Rate an Personen, die sich zwar für kostenlose Events angemeldet, aber dann nicht teilgenommen haben, sollte Sie nicht davor zurückschrecken lassen, keine virtuellen Veranstaltungen durchzuführen.

Jetzt haben Sie beste Voraussetzungen, alles auszuprobieren, was Sie schon immer in diesem Bereich ausprobieren wollten. Üben Sie im kleinen (internen) Kreis und werden Sie bei externen Events immer größer. Denn das ist die Zukunft, es wird sicherlich weiterhin hybride oder sogar ausschließlich virtuelle Events geben.

(Photo by Pablo Heimplatz on Unsplash)