Zum Thema Leadership gibt es unzählige Publikationen, Seminarangebote, TedTalks und vielleicht ebenso viele Meinungen darüber, welche Kriterien heute einen guten Führungsstil ausmachen. Im Zuge der Digitalisierung haben sich diese Kriterien aber auch objektiv verändert, auch weil Informationen leichter zugänglich wurden und kooperative Strukturen in einer hochtechnologisierten Arbeitsumgebung schlichtweg besser funktionieren als hierarchische Top-Down Entscheidungen. In meinem Ausblick auf die Verlagstrends 2021 – an dieser Stelle Anfang des Jahres veröffentlicht – thematisierte ein Absatz auch New Work/Leadership. Darauf möchte ich jetzt etwas detaillierter eingehen und versuchen, einen kurzen Überblick zu verschaffen.
Unternehmen geben sich heute in der Regel einen Wertekanon vor und kommunizieren ihren Mitarbeitern nach welchen Grundsätzen und mit welcher Haltung gehandelt und gearbeitet werden soll. Ein Energieunternehmen beispielsweise hat sich in das Eingangsportal seines Hauptsitzes die Wörter „Integrität, Kommunikation, Respekt, Exzellenz“ einmeißeln lassen. Ob das Unternehmen in allen Bereichen danach handelt, ist zumindest fragwürdig, ob diese Begriffe nachhaltigen Einfluss auf die Mitarbeiter haben eher unwahrscheinlich.
Schließlich geht es darum, wie im Unternehmen real agiert wird, wer belohnt, gefördert oder auch entlassen wird und wofür. Echte Firmenwerte werden dann geprägt, wenn klar ist, welche Kompetenzen, Fähigkeiten und welches Verhalten an Kollegen wirklich wertgeschätzt werden.
Eine kurze Anmerkung: Wenn hier im weiteren von Unternehmen und Leadership die Rede ist, beziehe ich mich auf jene, in denen kreative Prozesse eine wichtige Rolle spielen, also z.B. Medienhäuser oder auch Softwarehersteller. Für Bereiche mit hohen Sicherheitsanforderungen (Medizin, Finanzwesen) gelten offensichtlich andere Regeln wenn es um Entscheidungsfreiheit etc. geht.
Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
Zentrale Begrifflichkeit in einer zeitgemäßen Unternehmenskultur ist das Vertrauen in jeden einzelnen Mitarbeiter und damit natürlich auch in die Führung. Leadership muss Vertrauensvorschuss geben, eine Kultur des Misstrauens und der Kontrolle beschneidet Kreativität und Eigenverantwortung, ja lässt das Entstehen brillanter Ideen und Projekte oft erst gar nicht zu. In Zeiten der Pandemie hatten (und haben vielleicht noch) einige Führungskräfte Angst vor Kontrollverlust, da die Mitarbeiter im HomeOffice nicht mehr so gut zu „überwachen“ waren. Das zeugt jedoch von einer erheblichen Schieflage der Unternehmenskultur. Warum arbeitet ein Mitarbeiter, der ständig kontrolliert werden muss überhaupt in unserem Unternehmen? Oder positiv ausgedrückt: Wir arbeiten alle am Erfolg unseres Unternehmens, deshalb können wir uns vertrauen!
Regeln und festgelegte Prozesse minimieren
Als Patty McCord, die wesentlich an der Entstehung des Firmen-Leitfadens „Freedom & Responsibility“ für Netflix beteiligt war, 2004 die Erfassung von Arbeitszeiten und Urlaubstagen gänzlich abschaffte, war ihre Bemerkung dazu: „Wir haben auch keine Kleiderordnung und trotzdem ist noch keiner nackt ins Büro gekommen!“ Es gibt wichtige und gute Regeln für Zusammenarbeit und Kommunikation. Jedes Detail, jeden Vorgang mit Regeln zu versehen, schafft jedoch nicht nur enormen Verwaltungsaufwand, es verlangsamt auch den Arbeitsfluss (Micro-Managing) und untergräbt die Eigenverantwortung des Mitarbeiters. Muss jede Ausgabe einzeln abgezeichnet werden oder können wir ein Jahresbudget festlegen? Müssen einer Projektidee wirklich vier Vorgesetzte zustimmen? Es geht um bestmögliche Ergebnisse, nicht um regelkonforme.
Ideen zulassen, Kritik kultivieren
Der Grat zwischen einer genialen Idee und einem peinlichen Einfall ist – wie so oft – ein schmaler! Haben Mitarbeiter Angst davor, einen Gedanken frei zu formulieren, weil sie sonst von Kollegen oder vom Chef gerügt oder veralbert werden könnten, wird das Unternehmen nur noch Mainstream-Ideen produzieren, alle gehen auf Nummer sicher!
Das soll nicht heißen, dass Kritik nicht zugelassen ist, im Gegenteil: Kritik ist unersetzlich, um besser zu werden. Sie sollte jedoch innerhalb einer Kritikkultur stattfinden, in der es um die Sache geht und niemals „ad hominem“. Guter Führungsstil ermuntert jeden einzelnen dazu: „Sag es!“
Management und Leadership
Nicht umsonst ist der Management-Begriff nach und nach dem des Leadership gewichen. Bei „Management“ schwingt das „Ich weiß es am besten, deshalb bin ich Chef!“ unvermeidlich mit. Dass davon aber die besten Talente abgeschreckt werden, schadet dem Erfolg des Unternehmens. Leadership entsteht durch Eigenschaften und Verhaltensweisen, die jeden einzelnen Mitarbeiter wahrnehmen und ihn bei seiner Arbeit bestmöglich unterstützen. Sicherheit schaffen, Vertrauen geben, Empathie zeigen, Perspektiven aufzeigen: In diesem Umfeld gedeiht Exzellenz und werden großartige Ergebnisse erzielt.
Leadership ist ein Können, das erlernt werden muss (und von jedem erlernt werden kann). Dieses Können stetig zu trainieren und zu verbessern, offen zu sein für neue Ideen und Learnings zeichnet gutes Leadership heute aus!
(Photo by Riccardo Annandale on Unsplash)
Knut Nicholas Krause M.Sc., CEO und Gründer von knk, ist seit 1986 als IT Berater für Mittelstandsunternehmen aktiv. Als Sohn eines Ressortleiters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gründete er knk 1988 und spezialisierte sich auf die Entwicklung von knkVerlag, der einzigen Microsoft zertifizierten Verlagssoftware weltweit. Er ist Ideengeber und Visionär, der sich ausführlich mit Branchentrends innerhalb der Verlagsbranche auseinandersetzt und sie in die Weiterentwicklung von knkVerlag miteinbezieht.