Was ist der Unterschied zwischen einem Smartboard und dem klassischen Whiteboard? Ganz einfach: Ein herkömmliches Whiteboard ist ein pseudo-modernes Utensil und der klassischen Kreidetafel meilenweit unterlegen. Ein Smartboard, also ein interaktives Whiteboard, ist dagegen eine digitale Tafel. Sie erfordert neuartige Bildungsmedien, denn phantasielos genutzt, bringt sie keinen Fortschritt.
Ich stellte in einem Gespräch über den Einsatz digitaler Bildungstechnik kürzlich fest, dass mein gebildeter Gegenüber an ein klassisches Whiteboard dachte, während ich mich mit ihm über den sinnvollen Einsatz von Smartboards im Unterricht unterhielt. Das führte zu einigen Missverständnissen, bis wir die Ursache erkannten. Daher möchte ich hier einmal – etwas pointiert – herausarbeiten, worum es dabei geht.
Kreidetafel, Whiteboard und Smartboard
Die gute alte Kreidetafel hat einige Vorzüge: Sie ist auch an hellen Sonnentagen kontraststark. Sie ist aufklappbar, je nach Körpergröße höhenverstellbar, robust und hält ewig. Die verwendete Kreide ist recht preiswert. Das Abwischen mit Wasser und Schwamm ist zwar eine Schweinerei, geht aber schnell und eignet sich auch zur Übung der Disziplin in Form eines Tafeldienstes.
Ein klassisches Whiteboard ist dämlicher als eine Kreidetafel: Man kann diese Tafeln nur mit teuren Stiften beschreiben, die man leicht mit Permanent-Markern verwechselt. Hat man Permanent-Marker verwendet, wird es teuer oder mühselig oder beides. Der Kontrast hängt stark davon ab, wie frisch die Stifte sind. Da sie es meistens nicht sind, ist kaum lesbar, was man darauf schreibt. Und das Abwischen ist mühsamer als auf einer Kreidetafel. Wie gesund der Farbstaub ist, den man da in die filzigen Stofflappen wischt, sei mal dahingestellt. Kurzum: Whiteboards sehen zwar modern aus, fortschrittlich sind sie aber nicht.
Ein Smartboard (interaktives Whiteboard) ist etwas ganz anderes. Mit dem herkömmlichen Whiteboard hat es nur gemein, dass es weiß aussieht und an der Wand hängt. Es ist mit einem Computer und einem Beamer verbunden und wird entweder mit der Hand (Touch-Screen), mit speziellen Stiften über elektromagnetische Sensoren oder über Ultraschall-Wellen, dann mit der Hand oder einem Stift, bedient. Allen drei Grundtypen ist gemein, dass man nur virtuell darauf schreibt. Es gibt weder Kreide noch Farbstifte. Man schreibt oder wischt – und der Computer erzeugt das Bild. In Erdkunde kann man auf dem Smartboard über die Kontinente fliegen und in Geschichte mal schnell das Forum Romanum in Rom durchwandern – in der heutigen Gestalt oder einer 3D-Animation des historischen Aussehens in unterschiedlichen Epochen. Man kann darauf in Biologie Tiefseefische anschauen und in Physik einen Ausflug ins Weltall unternehmen. Der eigentliche Vorteil besteht also nicht darin, dass man keine Eimer staubgrauen Wassers mehr zur Schultoilette schleppen muss, sondern dass man die Lehrinhalte auf eine ganz andere, packende und begeisternde Art und Weise vermitteln kann. Ein gutes Smartboard ist übrigens – genau wie eine klassische Tafel – höhenverstellbar, so dass auch kleinere Kinder noch den oberen Rand erreichen können. Zugegeben: Nur gut gemachte, professionelle Inhalte inspirieren. Und Lehrer werden das nur selten in ihrer Freizeit hinbekommen. Es ist ein Betätigungsfeld für Profis – die Bildungsverlage sind gefragt.
Die Schulrealität: Verharren in der Kreidezeit
Aber damit die Bildungsverlage inspirierende, wirklich interaktive Bildungsmedien anbieten und nicht nur Lehrbücher als »enhanced PDFs« (PDFs mit HTML-Links darin), müssen die Schulen natürlich auch mit dieser neuen Technik ausgestattet sein, damit überhaupt ein Absatzmarkt existiert.
Nach Auskunft des Bildungstechnik-Marktforschers Mike Fisher von Futuresource sind per Ende 2014 immerhin schon 22% der deutschen Klassenräume mit interaktiven Whiteboards ausgestattet. Man kann also davon ausgehen, dass zwar die Klassenräume in der Regel noch mit Kreidetafeln ausgestattet sind, dass man aber in den Fachräumen (z.B. Physik, Chemie, Biologie) der meisten Schulen bereits interaktive Whiteboards findet.
Hätten die Schulen nun Geld für moderne Lehrmittel (denn natürlich sind echte, interaktive Lehrmedien in der Kreation und Herstellung erst einmal viel aufwändiger als ein herkömmliches Lehrbuch), wäre das schon ein relevanter Marktanteil. Noch überwiegen aber auch bei den Bildungsverlagen die alten Lehrbücher in digitaler Form (»enhanced PDFs«) statt wirklich interaktiver Lehrmedien.
Der nächste Punkt, damit unsere Schüler wirklich »state-of-the-art« lernen können, ist dann natürlich die Lehrerausbildung an diesen Geräten und in den neuen Medien. Schaut man sich die heutige Praxis an, so gibt es viele Lehrer, die das Smartboard nur als digitale Kreidetafel verwenden: Sie schreiben an und wischen es wieder weg – wie sie es von früher gewöhnt sind. So verwendet hat die neue Technik aber nur den Vorteil, dass man sich die Finger nicht mehr nass und schmutzig macht. Pädagogisch ist nichts gewonnen.
Und wir müssen hier aufpassen, den Anschluss an den Rest der Welt nicht zu verlieren – wir sind alles andere als »vorne dabei«: Englischsprachige Bildungsverlage liefern schon Komplettpakete digitaler Medienangebote an Dritte-Welt-Länder. Diese bestehen aus einem Festpreis für Hardware samt Installation, interaktiven Lehrmitteln und Lehrerausbildung und einer Mietgebühr für die jährlichen Aktualisierungen der digitalen Inhalte. Im Zweifel ist eine Schule in Schwarzafrika, Burma oder Bangladesh also besser ausgestattet, als bei uns.
Mir ist klar, dass ich in diesem Artikel über eine technische Entwicklung berichte, die vermutlich auch das Ende des Schulbuches, wie wir es kennen, bedeutet. Und obwohl ich selbst Bücher liebe, bin ich überzeugt, dass wir den technischen Wandel im Bereich der Bildung nicht aufhalten können und auch nicht aufhalten sollten: Mit interaktiven, digitalen Medien lassen sich komplexe Inhalte auf faszinierende Art und Weise vermitteln – wenn sie professionell gemacht sind. Bücher werden in einigen Bereichen ihren Platz behalten, sogar noch besser werden, als wir sie bisher kannten – hier geht es jedoch darum, unseren Kindern eine Weltklasse-Ausbildung zu bieten. Dies ist die Basis unseres Wohlstands.
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Knut Nicholas Krause M.Sc., CEO und Gründer von knk, ist seit 1986 als IT Berater für Mittelstandsunternehmen aktiv. Als Sohn eines Ressortleiters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gründete er knk 1988 und spezialisierte sich auf die Entwicklung von knkVerlag, der einzigen Microsoft zertifizierten Verlagssoftware weltweit. Er ist Ideengeber und Visionär, der sich ausführlich mit Branchentrends innerhalb der Verlagsbranche auseinandersetzt und sie in die Weiterentwicklung von knkVerlag miteinbezieht.