Neue Chancen für das Online-Marketing der Verlage: Ich empfehle einen Blick auf die sogenannten »BookTuber«. Diese Vlogger (Video-Blogger) machen auf YouTube vor, wie man mit Büchern große Anhängerschaften versammeln kann.
Nicht wenige Vlogger gewinnen zehntausende von Abonnenten, die sich ihre Buch-Rezensionen ansehen und kommentieren. Drei von BookTubern empfohlene Bücher schafften es dieses Jahr in die Top 100 und verkauften über 6 Millionen Exemplare. Die Gründe für dieses Phänomen lassen sich unter anderem auf das mittlerweile bekannte Medienkonsumverhalten der jüngeren Generationen zurückführen.
YouTube wird von den 18 -34jährigen häufiger genutzt als Fernsehen und sie verbringen 60% mehr Zeit damit. Dies führt auch dazu, dass 70% der Kommentatoren die »Peer Reviews« der BookTuber schriftlichen Rezensionen bevorzugen. Entscheidend für dieses Verhalten sind vor allem die wahrgenommene Authentizität des jeweiligen BookTubers sowie der sehr enge Austausch mit der Community.
Weiterer Erfolgsfaktor: Knowhow im Umgang mit Online-Medien. Aktive Vlogger wissen um das Potential YouTubes und wie sie dies am besten auszuschöpfen können: eingebettete Links, Empfehlungsmarketing, professioneller Schnitt, ansprechende Musikuntermalung und Animationen, Tricks wie Cliff Hanger, Specials, Branding, Cross Promotion und vor allem die Etablierung unterschiedlicher Kanäle und neuer Inhalte im Rhythmus weniger Tage.
BookTuber wie Ariel Bissett, Jean Bookishthoughts oder justkissmyfrog erreichen mit ihren YouTube-Kanälen zehnmal mehr Abonnenten als selbst die meisten Verlage; in einer viel dichteren Taktung und wahrgenommenen Authentizität.
Wie in allen Sozialen Medien ist Aufmerksamkeit die wichtigste Währung: ein rares Gut, das heutzutage nur noch in homöopathischen Dosen erhältlich ist. Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne von YouTube-Nutzern ist mittlerweile auf acht Sekunden gesunken, also exakt die Zeit, die man braucht, um die Rezensionsseite der FAZ glatt zu streichen. Die wichtigste Zweitwährung ist jedoch Authentizität. Diese zu erlangen oder zu bewahren, ist, so Naomi Bacon, die größte Hürde. Entsprechend behutsam fällt die Zusammenarbeit von Pan Macmillian mit BookTubern in ihrem YouTube-Kanal #book break aus. Plumpes Product Placement ist also fehl am Platze. Sie empfiehlt eine Mischung aus Talent Recruitement, Cross Selling und selbsterstellten Inhalten, um die Balance zwischen Aufmerksamkeit und Authentizität zu wahren.
Die genannten Beispiele zeigen, dass YouTube als Marketing-Kanal für Verlage also durchaus zum Erfolg führen kann. Doch woran liegt es, dass heute nicht schon mehr Unternehmen der Branche auf dieses Medium setzten?!
Das liegt zum Teil daran, dass Buchverlage seltener als andere Content-Anbieter Inhalte erstellen. Nachrichten entwickeln sich eben schneller als Geschichten. Die wenigsten Verlage schaffen es auch nur im Monatsrhythmus neue Videos einzustellen. Die meisten bespielen ihren YouTube-Auftritt noch seltener. Erfolgreiche Kanäle veröffentlichen neue Inhalte jedoch mindestens im Wochenrhythmus. Obwohl die allermeisten Verlage im Marketing unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen gewöhnt sind, verzichten sie bei YouTube in aller Regel darauf. Die wenigsten nutzen die Möglichkeit zielgruppenorientierte Kanäle zu erstellen und mit entsprechenden Inhalten zu versehen. »One content fits all«, ist das Motto. In die Videos eingebettete Links zu anderen Inhalten fehlen vollkommen.
Buchverlage tun sich dabei besonders schwer. Den allerwenigstens gelingt es auf YouTube mehr als einige hundert Abonnenten für ihre Kanäle zu begeistern, ihre Videos werden entsprechend selten gesehen, empfohlen oder kommentiert. Falls eine verlorene Seele sich jedoch zu kommentieren erbarmt, wird sie vom Verlag schlicht ignoriert. Sieht so Leserbindung aus?
Ein weiterer Faktor ist, dass sich die Videos immer noch eher an TV-Werbeclips orientieren oder – schlimmer – am Literaturfernsehen. Merkmale dafür, dass YouTube noch immer als reine Einbahnstraße verstanden wird. Dabei machen Vlogger auf YouTube vor, wie man mit Büchern große Anhängerschaften versammeln kann.
Als Marketingkanal, speziell für jüngere Zielgruppen, sind BookTuber dabei nicht nur für Belletristik-Verlage von Interesse. Reisebuchverlage interessieren sich für Travel-Vlogger wie Samuel & Audrey, Kristen Sarah oder Eight Miles from Home und Special-Interest-Kanäle wie rewboss, getgermanized oder Learn German with Herrn Artrim zeigen, dass auch abseits des Offensichtlichen Vermarktungspotentiale schlummern.
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Knut Nicholas Krause M.Sc., CEO und Gründer von knk, ist seit 1986 als IT Berater für Mittelstandsunternehmen aktiv. Als Sohn eines Ressortleiters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gründete er knk 1988 und spezialisierte sich auf die Entwicklung von knkVerlag, der einzigen Microsoft zertifizierten Verlagssoftware weltweit. Er ist Ideengeber und Visionär, der sich ausführlich mit Branchentrends innerhalb der Verlagsbranche auseinandersetzt und sie in die Weiterentwicklung von knkVerlag miteinbezieht.