Shanghai, 13.06.2018: Es ist ein wahres Phänomen, wie schnell Mobike wächst. Gegründet Anfang 2015, ist es nun eine multinationale Unternehmensgruppe mit 200 Millionen registrierten Nutzern, die täglich 30 Millionen Fahrradfahrten durchführen (äquivalent zu über 900 Millionen einzelnen Besuchern pro Monat).
Ursprünglich war Mrs. Weiwei Hu, die Gründerin, von der Idee inspiriert, das Fahrradzeitalter nach China zurückzubringen, um den Smog zu reduzieren, der von dem hohen Verkehrsaufkommen in Chinas Metropolen produziert wird. Jedoch beschränkte sich Mrs. Hu nicht nur auf Chinas Grenzen, sondern expandierte sofort in andere Länder. Das Unternehmen deckt nun 200 Städte auf fast allen Kontinenten ab: Die bekanntesten in Nordamerika sind Washington D.C., San Diego und Dallas sowie London, Paris und Berlin in Europa.
Obwohl es viele Wettbewerber gibt, ist Mobike unglaublich erfolgreich. Die „erste Generation“ des Bike Sharing soll ihren Ursprung in Amsterdam im Jahr 1965 haben – sie scheiterte, weil die Fahrräder schnell verloren gingen oder schwer beschädigt wurden. 30 Jahre lang lag die Idee brach. Aber 1995 versuchte es die Stadt Kopenhagen in Dänemark noch einmal, diesmal mit Münzen, die als Kaution dienten („zweite Generation“). Vandalismus und Diebstahl waren immer noch große Herausforderungen, aber die Idee lebte wieder auf. Die „dritte Generation“ wurde 1996 in Rennes (Frankreich) ins Leben gerufen, bei der der Benutzer das Fahrrad zu einer speziellen Docking-Station zurückbringen musste. Im Jahr 2000, bot die Deutsche Bahn Bike Sharing an allen größeren Bahnhöfen an. Die Fahrräder konnten über eine App ausgeliehen werden und wurden per SMS entsperrt – das ist die „vierte Generation“.
Mobike kopierte diese Idee (obwohl sie behaupten die ersten zu sein), doch sie setzten sie viel besser um. Während die Deutsche Bahn glaubte, dass Bike Sharing ein einfacher Service an ihre Kunden war (wie ein zusätzlicher Kostenfaktor), verstand Mobike das wirkliche Marktpotential, verbesserte das Nutzerlebnis noch mehr und setzten die Idee auf globaler Ebene um.
Funktion und Design reduzieren Betriebskosten
Mobikes Fahrräder sind ikonisch. Sie sehen nicht nur anders aus mit ihren orangefarbenen, Fünfspeichen-Rädern, sondern das ganze Fahrrad wurde dahingehend überarbeitet, dass es seinen Zweck optimal erfüllt und Wartungskosten auf ein Minimum reduziert. Das Kernelement des Fahrrads ist jedoch sein Schloss. Das Schloss besitzt eine SIM-Karte und ein GPS-Gerät mit einer Batterie, die durch einen im Vorderrad integrierten Dynamo oder durch eine Solarzelle aufgeladen wird. Das Fahrrad schickt seine Position an Mobikes zentralen Computer, damit die Mobike-App alle verfügbaren Fahrräder in der Umgebung anzeigen kann. Nach der Wahl eines Fahrrads kann der Code auf dem Fahrrad mit der App gescannt werden und das Schloss öffnet sich. Jetzt kann das Fahrrad bis zu 2 Stunden lang genutzt werden. Im Vorfeld wird eine Kaution gezahlt (die auch die Versicherung beinhaltet). Danach wird nach Zeit oder einer Monatspauschale abgerechnet.
Die erste Version des Fahrrads war sehr schwer, doch die aktuellste Version (V.04) ist leicht und komfortabel. Es besitzt eine Gangschaltung, einen Einkaufskorb, sowie einen verstellbaren Sitz, der sich gut auf nordamerikanische/ europäische Beinlängen anpassen lässt. Die restliche Konfiguration hängt von den lokalen Verkehrsregeln ab. Während die erste Version ein spezielles, kettenloses Traktionssystem besaß (zur Reduzierung von Wartungskosten), hat die neueste Version eine Kette: Die erlernte Lektion war, dass auch das Traktionssystem ab und zu Wartung benötigte, obwohl es langsamer abnutzte als Kettensysteme. Diese Wartung war viel komplexer und oft zu schwierig für das Wartungsteam. Außerdem benötigten Fahrradfahrer mehr Kraft, um in die Pedale zu treten. Die Gründer von Mobike verbrachten das Jahr 2015 damit, das neue System zu entwickeln und Partnerschaften, Produzenten und Finanzpartner zu gewinnen. Im Frühjahr 2017 wurde es veröffentlicht. Innerhalb von zwei Jahren, wurden mehr als 9 Millionen Fahrräder produziert und in der ganzen Welt verteilt. Während die ersten Fahrräder mit der speziellen Bauweise teuer gewesen sein müssen, werden die aktuellen Produktionskosten als sehr gering eingeschätzt. Der Mietpreis variiert abhängig vom wirtschaftlichen Reichtum der Gegend (die App dient als globales Konto). In den USA kostet eine 30-minütige Fahrt etwa 1 $. In Chengdu (China) übertrifft die tägliche Nutzung von Mobikes bereits die Anzahl an Menschen, die das (sehr effiziente) Metrosystem nutzen.
Funktion und Design – die wichtigsten Faktoren für das Marketing
Ein Mobike hebt sich auf den ersten Blick von der Masse ab, was dabei hilft Marketingkosten zu reduzieren. Wenn Mobike in einer neuen Stadt eingeführt wird, spricht die Firma einfach mit der lokalen Regierung über lokale Gesetze, Zulassungsvoraussetzungen und Genehmigungen und – nachdem alle Voraussetzungen schnell erfüllt wurden, werden Bilder mit der lokalen Regierung gepostet und die Fahrräder in den Straßen in der Nähe von Bushaltestellen und Metrostationen platziert. Das generiert sofort Aufmerksamkeit, die selbsterfüllend ist – je mehr Menschen die Neuigkeiten verbreiten, desto besser.
Massen von Fahrrädern in überfüllten Städten
Es gibt sehr viele Wettbewerber im Bike Sharing-Markt, manche Städte in China und Europa haben bereits Probleme mit den Massen an Fahrrädern, die den Raum auf Gehwegen und Straßen blockieren. In Europa diskutieren Stadtverwaltungen bereits spezielle Steuern für Bike Sharing-Unternehmen, die kommunale Einrichtungen nutzen. War die ursprüngliche Idee der Fahrräder der 4. Generation, die Docking-Stations zu entfernen und den Nutzern zu erlauben ihre Fahrräder überall zurückzulassen, verursacht dies nun Probleme in den Städten. Da Mobike Nutzer heute bereits bewertet werden (der nächste Nutzer kann bewerten, ob er das Fahrrad in einem guten Zustand vorgefunden hat), möchte Mobike seinen Nutzern nun „gutes Verhalten“ beibringen, indem sie ein Belohnungssystem einführen: Wer sein Fahrrad an einen der markierten Fahrradparkplätze zurückbringt (überprüft von der GEO-Position) bekommt Credit Points – die später kostenlose Fahrräder (u. ä.) freischalten. Mobike sucht nach Kooperationspartnern, die solche Parkplätze gegen Miete oder Marketingpräsenz bereitstellen.
Crowd Community-Effekte
Wie in den meisten gebundenen Gesellschaften, hat die Mobike Community auch ihre eigenen Verhaltensweisen entwickelt: zum Beispiel gibt es die „Singapur Fahrrad Patrouille“, die ihre Freizeit damit verbringt, Wartung und Reparaturen von Mobikes vorzunehmen; in China gibt es „Fahrrad-Jäger“, die versteckte / verloren gegangene Fahrräder aufspüren und sie zurück in den Kreislauf bringen; und in Asien und sogar in Großbritannien gibt es Paare, die auf Mobikes heiraten!
Ideen für Medienunternehmen
Und nun: Was bedeutet dies für Medienunternehmen? Hier sind zwei Ideen, wie man den Mobike Hype in einem Medienunternehmen nutzen kann:
Für B2B oder wissenschaftliche Buchverlage: Mobike sammelt große Datenmengen – 40 Terrabytes am Tag – von seinen Fahrrädern. Manchmal nutzt Mobike diese Daten auf Anfrage der Stadtverwaltung dafür, um die Stadt zu beraten, wo neue Fahrradwege gebaut werden sollten usw. Doch hauptsächlich werden die Daten dafür genutzt, den Betrieb zu verbessern, indem mehr Fahrräder an die richtigen Orte geschickt werden und indem Wartungsteams losgeschickt werden oder um falsch platzierte Fahrräder zurück in die Stadtzentren zu bringen. Aber diese Daten könnten lizensiert werden, um komplexere Datenanalysen durchzuführen, sie mit anderen Stadtverkehr-Statistiken zu aggregieren und an Verkehrsunternehmen oder Verkehrsverwaltungen anderer Städte zu verkaufen.
Für öffentliche Medien oder Medienagenturen: Sie können gebrandete Mobike Crowd-Events an Werbetreibende verkaufen (Mobike veranstaltete eine Disney-Kampagne, um Geld zu sammeln und befestigte Daisy-Bilder an den Rädern und ihre Schleife am Lenker). Dies kann auf andere Arten von Marken-Events ausgeweitet werden, zum Beispiel von Krankenkassen oder anderen Marken, die Gesundheitsaktivitäten verstärken wollen oder auf körperlich aktive Gruppen fokussiert sind. Mobike könnte auch bemalten und designten Fahrrädern von Werbetreibenden zustimmen, falls eine solche Kooperation dabei helfen sollte, das Unternehmen noch schneller in neuen geographischen Regionen zu verbreiten.
Gewonnene Erkenntnisse: Realisieren Sie Ihre Ideen auf globaler Ebene
Abschließend kann man festhalten, dass die Mobike-Story von einem eindrucksvollen Wachstum berichtet, das uns zeigt: es reicht nicht aus, nur eine gute Idee zu haben – Sie muss professionell realisiert werden. Außerdem repräsentieren manche Marktnischen globale Marktbedürfnisse. Wir müssen global denken und unsere Karten aus dem Offset spielen, anstatt uns nur auf unsere lokalen Märkte zu fokussieren. Auf diese Weise wird China jedenfalls in Zukunft agieren.
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Knut Nicholas Krause M.Sc., CEO und Gründer von knk, ist seit 1986 als IT Berater für Mittelstandsunternehmen aktiv. Als Sohn eines Ressortleiters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gründete er knk 1988 und spezialisierte sich auf die Entwicklung von knkVerlag, der einzigen Microsoft zertifizierten Verlagssoftware weltweit. Er ist Ideengeber und Visionär, der sich ausführlich mit Branchentrends innerhalb der Verlagsbranche auseinandersetzt und sie in die Weiterentwicklung von knkVerlag miteinbezieht.