Im Juni diesen Jahres hat Microsoft in Zusammenarbeit mit EY (Ernst&Young) ein ehrgeiziges Projekt angekündigt, das die Verwaltung von Content- und Lizenzrechten in Zukunft erheblich erleichtern soll. Die Lösung basiert auf der immer häufiger ins Blickfeld gerückten Blockchain-Technologie und könnte schon sehr bald für alle Unternehmen interessant werden, die aufwendige Lizenz-, Copyright- und Urheberrechte zu managen haben. Grund genug für uns also, das einmal etwas genauer zu betrachten. Und was ist eigentlich mit „Blockchain“ gemeint?
Die Allianz zwischen Microsoft und dem führenden Beratungsdienstleister EY zeigt sich bereits seit einiger Zeit bei verschiedensten Themen in den Bereichen Business Performance und Digital Services. Mit der Kombination von EY Geschäftsservices mit Microsofts umfassenden Digital- und Cloud-Technologien wollen die beiden Unternehmen ihren Kunden die Ausschöpfung des gesamten Digital-Potenzials über alle Unternehmensbereiche ermöglichen.
Bislang größtes Projekt dieser Allianz dürfte die Mitte 2018 angekündigte Lösung zur umfassenden Abdeckung aller Prozesse in den Bereichen Lizenz-, Copyright- und Urheberrecht sein. Die hinter dieser hoch komplexen Lösung stehende Technologie nennt sich Blockchain (im konkreten Fall „Quorum“) und bedarf vielleicht eines kurzen Absatzes der Erläuterung.
Blockchain – schwer zu fassendes Konzept mit vielfältiger Anwendung
Blockchain – ein nicht gerade intuitiv zu erfassender Begriff, zumal auch die deutsche Übersetzung „Blockkette“ nicht hilft – ist im Grunde ein dezentrales Protokoll für Transaktionen zwischen Parteien, in dem jede Änderung transparent erfasst wird. Stark vereinfacht: eine dezentrale Datenbank, in der Datensätze (Blöcke) mittels kryptographischer Verfahren miteinander verkettet sind. Wie man unschwer erkennen kann: es steckt eine ganze Menge Informationstheorie und Mathematik hinter diesem Begriff, die diese kurze Ausführung bei weitem sprengen würden. Interessanter deshalb, sich auf mögliche Anwendungsbereiche zu konzentrieren: der bekannteste bisher ist sicherlich die Kryptowährung. Bitcoin basiert auf dieser Technologie und ist eine der ersten Anwendungen.
Die möglichen Anwendungsgebiete jedoch sind wesentlich vielfältiger und bei weitem nicht auf den Finanzsektor beschränkt. Vertragswesen, Wertpapierhandel, Musikindustrie, Wahlsysteme usw. In allen Bereichen, die auf abgesicherte Transaktionen bei maximaler Transparenz angewiesen sind, hat Blockchain das Potenzial zum wirklichen Game-Changer zu werden und die Prozesse grundlegend zu verändern. Ohne Vermittler, ohne zentrale Instanz.
Großes Potenzial für die Medien- und Kreativindustrie
Womit wir wieder bei der von Microsoft und EY vorgestellten Lösung wären, die mittels Blockchain den gesamten Lizenzvertriebsprozess revolutionieren soll. In der Pressemitteilung der beiden Unternehmen heißt es dazu: „EY und Microsoft haben die Lösung entwickelt, um jeden Bereich zu bedienen, in dem geistiges Eigentum oder Vermögenswerte an andere Parteien lizenziert werden und wo Urheber Lizenzgebühren auf der Grundlage von Vereinbarungen erhalten“. Dieses Statement lässt erahnen, wie weitreichend der Nutzen dieser Plattform einmal werden kann. Autoren, Fotografen, Softwareentwickler, Journalisten, Grafiker, Medienhäuser, Agenturen, Künstlermanagement. Die Gruppe von Berufen und Unternehmen, die sich tagtäglich mit „geistigem Eigentum“ und Urheberrecht auseinanderzusetzen haben ist schier endlos.
Blockchain-Tool im Gaming-Bereich
Allerdings lässt sich auch die Komplexität dieses Projekts erahnen. Die Idee an sich ist nicht neu. Schon mehrfach wurde das Tracking von Lizenzgebühren und Copyright als ideales Blockchain-Beispiel vorgestellt. Bislang blieb es aufgrund der überaus hohen Komplexität aber doch immer Theorie.
Der Ansatz, den Microsoft und EY nun wählten klingt jedoch durchaus erfolgversprechend. Zunächst konzentriert sich die Lösung auf den Gaming-Bereich von Microsoft und seinen Game Publisher Partners. Hier sollen die kostspieligen und zeitraubenden Prozesse in Bezug auf Unterhaltungsrechte und Lizenzgebühren gestrafft werden. Bislang wurden die Lizenzberechnungen in der Wertschöpfungskette meist manuell und in der Regel aus Oflline-Datenquellen verwaltet.
Hatten teilnehmende Partner bisher bis zu 45 Tage auf „neue Zahlen“ zu warten, erfolgt die Berechnung nun in Echtzeit und mit voller Transparenz. Dafür sorgt auch die eingebettete Smart-Contract-Architektur, die mehr Vertrauen und Transparenz zwischen den Akteuren ermöglicht. Darüber hinaus macht sie auch kostspielige manuelle Abgleiche und Partnerüberprüfungen überflüssig.
Implementierung von weiteren Gaming Partnern
Die Entscheidung, das Blockchain-Tool im Gaming-Bereich einzuführen, macht Sinn. Ein Videospiel kann zu unterschiedlichsten Tantiemen führen, z.B. für Softwareentwickler, Autor, Komponist und Künstler. An Komplexität mangelt es also nicht. Und auch die Skalierbarkeit ist gegeben. Microsoft plant, das Netzwerk schrittweise mit immer mehr Gaming Partnern zu implementieren. Es wird erwartet, dass es schon bald tausende von Lizenzpartnern umfasst und jeden Tag Millionen von Transaktionen verarbeitet.
Brad Wright, Manager Softwareentwicklung, Microsoft, fasst zusammen: „Diese Lösung basiert auf Microsoft Azure und Blockchain und zeigt, dass wir das Vertrauen stärken und die Sicherheit, Transparenz und Zahlungsgenauigkeit durch diese Technologien verbessern können. Wir sind begeistert, zusammen mit EY und unseren Gaming Partnern an der Optimierung des gesamten Bereichs zu arbeiten“.
Ein großes Projekt also, mit hoher Strahlkraft auf Medien- und Kreativindustrie. Der „Testlauf“ im Gaming-Bereich ist deshalb sehr wahrscheinlich nur der Anfang einer Entwicklung. Diese Entwicklung wird schon bald zu einer grundlegenden Veränderung der Prozesse zwischen Medienhaus, Verlag und Kreativem führen. Dass dieser sperrige Begriff Blockchain schon bald ganz „nahbar“ werden dürfte, zeigt auch ein anderes Beispiel. In Estland kann bereits heute die Hochzeitsurkunde in der Blockchain hinterlegt werden.
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Knut Nicholas Krause M.Sc., CEO und Gründer von knk, ist seit 1986 als IT Berater für Mittelstandsunternehmen aktiv. Als Sohn eines Ressortleiters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gründete er knk 1988 und spezialisierte sich auf die Entwicklung von knkVerlag, der einzigen Microsoft zertifizierten Verlagssoftware weltweit. Er ist Ideengeber und Visionär, der sich ausführlich mit Branchentrends innerhalb der Verlagsbranche auseinandersetzt und sie in die Weiterentwicklung von knkVerlag miteinbezieht.